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Templer statt Piraten, Eisberge statt Palmen: Für Rogue recycelte Ubisoft den Vorgänger Black Flag im November 2014 mit neuer Story und frischen Missionen. Jetzt gibt's endlich auch die PC-Version. Wir machen den Test: Wie gut funktioniert die Steuerung mit Maus und Tastatur? Erwartet PC-Spieler ein Technik-Debakel wie bei Assassin's Creed: Unity?
Psst! Wusstet ihr schon? Es gab 2013 mehr als nur eine Abhöraffäre!
Während der US-Geheimdienst NSA fremde Staaten und deren Bürger belauschte, waren es in Assassin's Creed 4: Black Flag arglose NPCs, die reihenweise vom Spieler ausgehorcht wurden. Der Spaß blieb dabei oftmals auf der Strecke: Für solche zwangsverordneten Stealth-Einlagen war das auf Schnelligkeit und Action ausgelegte Spielprinzip der Reihe noch nie geeignet. Erst bei Assassin's Creed: Unity setzte Ubisoft auf einen vollwertigen Schleichmodus, der sich dieses Problems amnnehmen sollte - mit mäßigem Erfolg. Assassin's Creed: Rogue löst das Problem der öden Zuhörmissionen auf andere Weise: Es schafft die nervigen Lauscheinsätze kurzerhand ab.
Bekanntes neu abgemischt
Quelle: PC GamesShays glaubwürdige Wandlung vom Assassinen zum Templer ist spannend anzuschauen, seine Motive sind nachvollziehbar.Der Wandel liegt im Plot begründet: Erstmals schlagt ihr euch im Clinch zwischen Assassinen und Templern auf die Seite der vermeintlich Bösen. In der Rolle des jungen Meuchlers Shay Cormac wendet ihr euch vom Orden der Assassinen ab und tretet den Templern bei. Von langer Hand vorbereitete Attentate und ebenjene universell kritisierten Horchmissionen entfallen, was die reine Anzahl an Einsätzen zusammendampft.
Mit zehn bis zwölf Stunden kommt die Kampagne vergleichsweise kompakt daher, weist dafür aber auch keinerlei Längen auf. Missionsziele wechseln sich mit schöner Regelmäßigkeit ab. Lineare Skriptsequenzen, Klettereinlagen, wuchtige Auseinandersetzungen auf hoher See: alles drin, alles dran. Viele Aufträge lassen euch die Wahl, wie ihr Shays Repertoire an Fähigkeiten und Ausrüstungsgegenständen einsetzt. Ihr dürft euch frei bewegen und Gegner nach Gutdünken ausschalten.
Der Schwierigkeitsgrad stellt dabei niemanden vor große Probleme – typisch für die Serie. Ein neuer Granatwerfer, der gleich mehrere Gegner schlafen schickt oder sie per Giftnebel aufeinander hetzt, vereinfacht die Sache zusätzlich. Geld, mit dem ihr Upgrades für Shay und sein Schiff erwerbt, fließt reichlich. Verantwortlich dafür ist die Rückkehr des Renovierungssystems: In Siedlungen wie dem gigantischen New York möbelt ihr Wirtschaftsgebäude gegen einen Obolus auf und erhaltet anschließend regelmäßig einen Teil der Gewinne. Wo ihr in Assassin's Creed: Brotherhood noch Aquädukte oder das Kolosseum restauriert habt, sind es hier mickrige Mühlen oder Fischerhütten, passend zum Szenario.
Keine Schwarz-Weiß-Malerei
Quelle: PC GamesAm Heck eures Schiffs stehen Fässer mit brennendem Öl bereit, mit denen ihr Verfolgern einen heißen Empfang bereitet.Rogue spielt im 18. Jahrhundert, viele Jahre vor den Ereignissen von Assassin's Creed 3. Vor dem Hintergrund des Siebenjährigen Krieges zwischen Briten und Franzosen um die nordamerikanischen Kolonien (die späteren Vereinigten Staaten) lernt ihr die Templer von einer neuen Seite kennen: als ganz normale Menschen, deren Ambivalenz sich wohltuend vom etablierten Gut-Böse-Schema der Vorgängerspiele abhebt. Shays Ex-Kollegen im Assassinen-Orden haben Auftritte als Zwischenbosse; das Ende spannt geschickt den Bogen zu Assassin's Creed 3 und dem jüngsten Serienteil Unity. Der sehr gute Gesamteindruck wird lediglich von ein paar kleinen Logikfehlern geschmälert. Zudem entpuppt sich das Objekt der Begierde, hinter dem sowohl Assassinen als auch Templer her sind, letztlich als substanzloser MacGuffin.
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Assassin's Creed: Rogue im Testvideo - Black Flag 1.5
Jede Menge Firlefanz
Quelle: PC GamesSchatten (siehe rechts unten) kommen auch am PC zuweilen niedrig aufgelöst daher. (PC)Abseits der Handlung liefert Rogue wie schon Black Flag viel Stoff für Jäger und Sammler. Die drei großen, frei mit Schiff oder zu Fuß erkundbaren Areale (New York, Nordatlantik und ein an die Wildnis aus AC3 erinnerndes Flusstal) umfassen etliche kleine Inseln, Siedlungen und Lagerstätten. In denen wimmelt es nur so vor kurzweiligen Nebenaufgaben und Sammelobjekten: Unter anderem plündert ihr Truhen, löst kleine Puzzles, rettet Gefangene, schaltet Bonus-Outfits frei, räuchert Gangverstecke aus, sackt Blaupausen für das Handwerksmenü ein und zieht Tieren auf der Jagd das Fell über die Ohren. Wer Spaß daran hat, seinen Spielstand auf 100 Prozent zu treiben, ist zwischen 30 und 40 Stunden beschäftigt. Auf einen Mehrspielermodus hat Ubisoft diesmal übrigens verzichtet.
Über der nach und nach durch das Erklimmen von Aussichtspunkten aufgedeckten Übersichtskarte haben die Entwickler eine wahre Flut an Icons ausgeschüttet, die jedes aufzuklaubende Item markieren. Diese erkleckliche Anzahl an Symbolen eins nach dem anderen von der Karte zu tilgen, das übt eine seltsame Faszination aus, der sich nur disziplinierte Naturen entziehen können. Wir gehören nicht dazu, stellten wir im Test doch jeder noch so unwichtigen Schatztruhe nach.
Quelle: PC GamesNur wer sein Schiff fleißig aufrüstet, hat in den bombastischen Gefechten gegen die legendären Schiffe Aussicht auf Erfolg.Auch die legendären Schiffe aus Black Flag feiern ein Comeback. Vier gigantische Schlachten gegen besonders potente Widersacher treiben euch dazu an, euren Pott mit der besten Ausrüstung zu versehen, um überhaupt eine Chance zu haben. Während ihr auf den Wellen reitet, lauscht ihr wie in Black Flag wunderschönen, das Blut in Wallung bringenden Seemannsliedern, die eure Mannschaft schmettert. Handelskonvois und Kriegsschiffe, die euren Weg kreuzen, nehmt ihr nach Belieben unter Feuer, entert die Kähne und bereichert euch an ihrer Ladung. Wer will, baut mit erbeuteten Schiffen seine eigene Flotte auf. Die schickt ihr anschließend per Menü in alle Welt aus. Ein simples Spiel im Spiel, das niemandem weh tut. Wer bis zum Ende durchhält, bekommt zudem exklusive Gegenstände als Belohnung.
Tödliche Heuhaufen
Quelle: PC GamesIn vielen Aufträgen identifiziert ihr Attentäter in der Menge, bevor diese einen zu schützenden NPC ausschalten.Für Rogue, das auf der Engine und Spielmechanik von Black Flag basiert, statt sie à la Unity komplett umzukrempeln, zeichnet mit Ubisoft Sofia lediglich die zweite Besetzung im weltumspannenden Entwicklerkonvolut verantwortlich. Ubisofts B-Team konzentriert sich aufs Feintuning. So müsst ihr neuerdings auch euer eigenes Schiff gegen Entermanöver der Feinde verteidigen und euch gegen Assassinen zur Wehr setzen, die überraschend aus Heuhaufen oder von Dächern aus angreifen. Das sorgt auf dem Papier für spannende Momente, entpuppt sich aber als nicht zu Ende gedacht: Mit Shays Adlersicht könnt ihr die Attentäter frühzeitig ausmachen und dank der unveränderten Kontermechanik im Kampf mit Dolch und Degen behaltet ihr stets die Oberhand.
Quelle: TobiiDer Tobii EyeX Controller wird als schwarze Leiste am Monitorrand befestigt. Anschließend könnt ihr die Kamera mitttels Augenbewegungen steuern.Die wie gehabt hakelige Gamepad-Steuerung strapazierte im Test unsere Nerven; zwischen all den verschneiten Felsen und Bäumen jene Oberflächen auszumachen, die Shay erklimmen kann, erweist sich als knifflig. Die Menüs lassen derweil Komfort vermissen; wer etwa Felle und Tierhäute beim Händler kauft, statt sie erlegten Tieren abzunehmen, dessen Geduld wird auf eine harte Probe gestellt. Es lässt sich nämlich immer nur ein Gegenstand erwerben. Am PC kämpft die Bedienung mit Maus und Tastatur mit ähnlichen Problemen, grundsätzlich passt das aber alles. Exklusiv am PC können Technik-Freaks zudem mit der Eye Experience von Hardware-Hersteller Tobii die Kamera zudem mit Augenbewegungen steuern. Ein nettes Gimmick.
In diesem Artikel
- Seite 1 Assassin's Creed Rogue im Test: Missionen, Geschichte, Erkundung
- Seite 2 Assassin's Creed Rogue im Test: Gameplay, Gegenwart, Fazit
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In unsere vor Release zur Verfügung gestellte Testversion hatte zudem stellenweise der Schlendrian Einzug gehalten. Kleine, vereinzelt auftretende Glitches wie in Türen feststeckende Soldaten, in der Luft schwebende Büsche oder regungslos auf der Reling eines Schiffs hockende Angreifer sorgen für Abzüge in der B-Note. Schräg: Wenn wir in einer der Nebenmissionen englischen Soldaten im Kampf gegen ihre französischen Erbfeinde helfen, kreischen die Waffenträger alle laut durcheinander. Anstrengend!
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